Die Erotikromanreihe von E.L. James hat ja in der Vergangenheit bereits für einiges Aufsehen gesorgt.
Einige haben das Buch sogar als BDSM-Romane verschrien. Zuerst wollte ich aus genau diesem Grund Shades of Grey nicht lesen - denn verschriene Bestseller sind meist nicht des Papiers wert, zumindest, wenn man mich fragt.
Nun habe ich aber trotzdem den Schritt gewagt und mir die drei Bücher für meinen E-Reader gekauft - damit ich mich nachher nicht wegen des Papiers ärgern würde. ;-)
Damit ich euch nicht spoilere, nur eine kurze Zusammenfassung:
Die junge, schüchterne, aber sehr attraktive Studentin Anastasia interviewt für ihre Mitbewohnerin den Magnaten Christian Grey. Dieser lässt Frauenherzen höher schlagen - und da wir schon beim Schlagen sind: Er hat eine dunkle Seite, die ihn dazu bringt, Frauen zu dominieren und seinen Sadismus auszuleben. Dabei sind ihm Hilfsgeräte wie Peitschen und Gerten gerade recht.
Doch Anastasia ist anders als seine bisherigen Gespielinnen und so begleiten wir die beiden bei ihren Abenteuern und Annäherungsversuchen, begleiten sie vom Bett ins Spielzimmer und zurück.
Ja und das wars eigentlich auch schon. Darum drehen sich die drei Bücher, die auf dem Reader insgesamt knappe 1500 Seiten beanspruchen.
Bevor ich nun aber meine Meinung zum Buch niederschreibe, muss ich vorher sagen, dass ich zwar selbst nicht in BDSM-Kreisen verkehre, mein Mann und ich aber in unserem Freundeskreis ein paar Leutchen haben, die das sehr wohl tun und daraus auch keinen Hehl machen, also ihren SM auch offen leben und ab und an auch mit einer "Anekdote aus dem Club" aufwarten können. Somit sind mir BDSM-Praktiken etc. nicht neu und ich habe auch schon den einen oder anderen Fachbegriff gehört.
Aber nun von Anfang an:
Die Hauptprotagonisten Christian und Anastasia, kurz Ana genannt, entwickeln sich über die drei Bände einigermaßen gut weiter. Anastasia ist am Anfang ein schüchternes Mäuschen, Christian der eiskalte Magnat mit Hang zum Größenwahn, vor allem was Frauen angeht. Dies wäre auch soweit ganz gut, wären da nicht stellenweise Verhaltensweisen, besonders von Christian, die einfach nicht zur Charakterentwicklung passen wollen.
Es gab stellen, da hab ich mein Buch wirklich mit hochgezogener Augenbraue angestarrt.
Die beiden verhalten sich stellenweise so - entschuldigung - blöd und unrealistisch, dass man vor Wut schäumen und Christian ans Schienbein treten oder Ana kräftig schütteln möchte, weil sie so komplett sinnbefreit agieren. Nichtsdestotrotz ist gerade Ana trotzdem ein liebenswerter Charakter, dem man dies somit trotzdem immer wieder verzeiht. Christian hingegen blieb mir bis zum Ende des dritten Bandes unsympathisch, da ich immer das Gefühl hatte "der verbirgt doch noch mehr!" - tja, denkste.
Die Geschichte an sich könnte man als schnulzigen Kitsch verkaufen, aufgrund der Spoilergefahr möchte ich nur so viel sagen: Sie, die graue Maus, erstrahlt zum Retter in der Not und bringt ihren gefallenen Engel ins Licht. War das kitschig genug? Danke, gern geschehen.
Und nun kommen wir zum polarisierenden Teil des Ganzen: Den Sex-Szenen.
Christian und Ana haben in den Büchern so viel Sex, dass man sich fragt, wie viele blaue Pillen der gute Mann wohl einwirft und ob ihre Libido durch irgendwelche Drogen erhöht wurde. Wirklich, ich empfand es irgendwann schlichtweg als nervig und habe die Sex-Szenen gähnend überblättert, da ich nicht zum hundertsten Mal lesen wollte, wie er ihr die Brüste massiert.
Von dem heiß diskutierten SM sieht man übrigens meiner Meinung nach gar nix, mehr als Popoklatschen, Reitgerte und ein paar Fessel- und Toyspielchen ist da nicht.
Da frage ich mich wirklich, wo die Autorin recherchiert hat. Bei der amerikanischen Ausgabe der "Gala" oder der "Bunten" ?
Ernsthaft, was die beiden da machen, ist maximal Soft-SM, hat aber mit dem richtigen wohl nicht viel am Hut.
Andererseits muss man natürlich dazu sagen, dass es wohl auch gut so ist, denn kämen wohl die Dinge zur Sprache, die unsere Freunde manchmal so erzählen, würde so manche Leserin wohl das Buch unter Gebeten verbrennen. ;-)
Trotz all dieser Kritikpunkte muss ich "Shades of Grey" trotzdem lassen, dass es mich bis zu einem gewissen Punkt gefesselt (höhö!) hat und ich alle drei Bände innerhalb der letzten Woche gelesen habe.
Dies liegt wohl daran, dass es eine typische Liebesgeschichte ist, man weiß was passiert, will es aber trotzdem mit eigenen Augen lesen.
Mir persönlich waren die Sexszenen irgendwann zu viel, einfach, weil diese schlicht und ergreifend langweilig wurden, irgendwie hat es sich immer wieder wiederholt und da hätte man vielleicht etwas sparen und dafür der Story mehr Platz lassen können.
Wenn ihr also etwas seichte Literatur für Zwischendurch sucht, dann solltet ihr euch Shades of Grey mal anschauen. Wenn ihr eher Anspruchsvolles mögt, dann lasst es lieber gleich und investiert das Geld besser in dementsprechende Literatur.
Ein kleiner Hinweis noch:
Die Sprache der deutschen Übersetzung ist übrigens wirklich grottig! Wie ich im Nachhinein feststellen musste, ist die englische Version um Längen besser und ich empfehle euch somit, falls ihr dazu in der Lage seid, das Ganze auf englisch zu lesen.
Ich gebe Shades of Grey 1 -3
5 von 10 Sternen.
Die Geschichte ist okay, mit einigen großen Schwächen, schafft es aber trotzdem, den Leser zu binden und zum weiterlesen zu animieren. Gute Literatur für zwischendurch.